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Was ist aus meiner Sicht die größte Herausforderung im heutigen Management?

 

Gestern erhielt ich aus meinem Netzwerk diese Frage. 

 

Diese Frage ist meiner Meinung nach schwer pauschal zu beantworten, da die Antwort stark vom Zweck und Kontext des jeweiligen Unternehmens abhängt. Ich habe in verschiedenen Unternehmen mit unterschiedlichen Führungsansätzen gearbeitet – direktiv, menschenzentriert, teamorientiert oder laissez-faire. Alle diese Firmen existieren seit über 20 Jahren, was darauf hindeutet, dass es keinen "falschen" Führungsstil gibt, sondern nur den passenden. Persönlich habe ich mich in einigen Unternehmen wohler gefühlt als in anderen, aber letztendlich geht es darum, dass die Firmen erfolgreich sind. 

 

Mir fällt auf, dass immer mehr Menschen über das Thema Führung nachdenken und zunehmend auf LinkedIn darüber posten. Dies könnte darauf hindeuten, dass die aktuelle Führung oder das Management nicht die Erwartungen erfüllt, die mit den Unternehmenszielen verbunden sind, und der Wunsch besteht, die Führung im Unternehmen zu verändern. Dieser Wunsch kann sowohl im Top-Management als auch unter den Mitarbeiterinnen entstehen. Oft höre ich von Teams, dass sie mit der aktuellen Art der Führung unzufrieden sind. 

 

Meine These ist, dass sich die Profession Führung nicht so schnell weiterentwickelt, wie es der dynamische Markt oder die Mitarbeiterinnen einfordern. Führung erfolgt zunehmend in einem komplexeren Umfeld. Allein die Themen Covid und KI erzeugen viel Dynamik, ganz zu schweigen von den zunehmenden weltwirtschaftlichen und politischen Veränderungen. 

 

Was beobachtet ihr? Wie reagieren die Führungskräfte auf diese Dynamik und die zunehmende Komplexität? Welche Initiativen werden gestartet? Gibt es den erneuten Workshop "Wir entwickeln eine Vision", den Leitsätze-Workshop, oder einen fokussierten Ansatz auf das Wesentliche, das wirklich Wichtige und Dringliche? 

 

Meine Wahrnehmung ist, dass Führungskräfte selten ihren Führungsstil hinterfragen und reflektieren. Das ist nachvollziehbar, denn Führungskräfte, die sich und ihren Stil über viele Jahre etabliert haben, sind sich ihrer Führungsgewohnheiten möglicherweise nicht bewusst. Sie erkennen ihre weißen Flecken nicht. Einige initiieren 360-Grad-Feedbacks, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Doch erhalten sie dadurch ein so deutliches Feedback, dass sie den schwierigen Weg der Veränderung ihrer Führungsgewohnheiten einschlagen? 

 

Meine These: Führungskräfte setzen sich oft zu wenig mit ihrer Profession "Führung" auseinander. Viele glauben, dass Führung natürlich oder erfahrungsbasiert ist, was nicht falsch ist. Doch wird oft vernachlässigt, dass Führung, wie jeder andere Beruf, ein „Handwerk“ ist mit klaren Aufgaben und Grundsätzen. An dieser Stelle möchte ich auf Fredmund Malik verweisen, der die Kernaufgaben und Grundsätze von Führung im komplexen Umfeld sehr gut beschreibt. 

 

Wie findet nun das Management eines Unternehmens seinen passenden Führungsstil? Diese Frage beschäftigt mich seit vielen Jahren und ist mein Hauptthema wenn ich mit Führungskräften vom Top-Management bis auf Teamebene spreche.  

 

Es gibt viele Experten hier auf LinkedIn, die ich sehr schätze. Sie sprechen von Führungsstilen, unterschiedlichen Führungshaltungen, wie einem visionären, coachenden, teamorientierten, demokratischen, direktiven, befehlenden Führungsstil. Sie sprechen von Transformationaler Autorität, Laissez-faire Führung, Transaktionaler Führung oder Transformationaler Führung. Jedes dahinterliegende Modell kann helfen, sich zu reflektieren und den Führungsstil im Sinne der Unternehmensziele anzupassen. 

 

Meine These: Den passenden Führungsstil findet man, indem man ihn Schritt für Schritt ausprobiert, gerne auf Basis eines Modells. Wie kann das funktionieren? Führungskräfte könnten sich in kleinen, vertrauten Gruppen, z.B. zu fünft, zusammenfinden und über ihre aktuellen Führungsherausforderungen offen sprechen, um dann jeweils ein Leader-Experiment aufzusetzen, das sie gemeinsam mit den anderen Führungskräften im Sinne eines Nutzens für sich, ihre Teams und das Unternehmen monitoren. 

 

Es geht darum, durch gezielt anderes Führungsverhalten in der täglichen Führungsarbeit auszuprobieren, um danach zu schauen, was mehr Wirkung erzeugt oder auch nicht. Finden Führungskräfte gute Ansätze, könnten sie ihre Erfahrungen anderen Führungskräften zur Verfügung stellen und zum Nachmachen animieren. Hierzu haben Torsten Adamiski und ich zusammen mit Führungskräften einen Leadership-Selbsttest und ein Experiment-Template entwickelt. 

 

Es geht darum, durch immer mehr Führungsexperimente den Führungsstil den zunehmenden komplexen Herausforderungen anzupassen. Denn ich bin seit 2016 nach den Gesprächen mit Jürgen Bock fest davon überzeugt, dass Menschen sich an Menschen orientieren, wenn sie für sie eine Bedeutung haben und etwas vorleben. Denn Führungsstil bzw. Führungskultur entstehen nicht durch Leitsätze und Werte, sondern durch Anpassung. Einfach indem wir täglich Gewöhnliches anders tun und darüber vertrauensvoll reden 😊 Es gilt also freiwillige mutige Führungskräfte zu finden, die bereit sind experimentell anders zu führen und das dann mit anderen Führungskräften teilen. 

 

Ich nenne diese Art, die Führungskompetenz eines Unternehmens im Sinne der Unternehmensziele und Kultur weiterzuentwickeln, #Leaderpunk! Denn auch wenn diese Führungskräfte so an ihrem Führungsstil arbeiten, fallen sie auf wie Punker und sind definitiv anders als der Großteil der Führungskräfte, die in ihrer Gewohnheit gefangen sind. 

 

Was denkt ihr, was sind die größten Herausforderungen heute im Management großer Organisationen? Und welche Ansätze habt ihr gefunden, den relevanten Führungsstil zu finden?    

Danke für deine Frage! 

Liebe Grüße 

Manfred 

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